- Verbraucherschutz für freiwillig versicherte Selbstständige wird durch die Gesetzesänderung deutlich gestärkt.
- Hat die Krankenkasse wegen fehlender Vorlage des Steuerbescheids den Höchstbeitrag festgestellt, muss nun ein innerhalb von zwölf Monaten vorgelegter Steuerbescheid noch berücksichtigt werden.
- Die Beiträge sind auf dieser Grundlage neu festzusetzen.
- Kleinselbstständige, die die Drei-Jahres-Frist versäumten und bereits den Höchstbeitrag zahlen mussten, können den Beitrag rückwirkend herabsetzen lassen.
Freiwillig versicherte Selbstständige können aufatmen: Sie haben nun faktisch mehr Zeit für den Nachweis über ihre tatsächlichen Einkünfte. Selbst nach Festsetzung des Höchstbeitrags können Steuerunterlagen noch vorgelegt werden. Beiträge müssen rückwirkend geändert werden. Im November haben Bundestag und Bundesrat der Neuregelung zugestimmt. Die Verbraucherzentralen begrüßen das ausdrücklich.
„Mit dieser Änderung im Gesetz wird insbesondere Kleinselbstständigen die Last einer drohenden Insolvenz aufgrund erhöhter Krankenkassenbeiträge genommen. Gut, dass die Politik auch auf Drängen der Verbraucherzentralen gehandelt hat,“ so Heike Troue, Vorständin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
Seit 2018 hatten zahlreiche freiwillig versicherte Kleinselbstständige massive Nachzahlungsaufforderungen von ihrer Krankenkasse erhalten, weil sie ihren vollständigen Steuerbescheid nicht fristgerecht vorgelegt hatten. Weist das Mitglied nicht innerhalb von drei Jahren das Einkommen auf Verlangen der Krankenkasse nach, so gilt zunächst der Höchstbeitrag. Hierbei wird fiktiv ein Einkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze angenommen, die aktuell bei knapp 5.000 Euro pro Monat liegt.
Versicherte mussten statt rund 200 Euro plötzlich rund 800 Euro monatlich zahlen. „Das bedeutete für Betroffene Nachzahlungen bis zu 8.000 Euro. Für viele Kleinselbstständige war das existenzbedrohend“, so Julika Unger, juristische Fachberaterin bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Für Kleinverdiener wie zum Beispiel Änderungsschneider:innen oder Kioskbesitzer:innen, die normalerweise etwa den Mindestbeitrag zahlen, war der geforderte Höchstbeitrag weit überzogen. Sie wurden unverhältnismäßig hoch für ein Versäumnis bestraft. Daher ist es richtig, dass der Gesetzgeber nun entschieden hat, dass Krankenkassen die Einkommensnachweise ihrer Versicherten auch dann noch berücksichtigen müssen, wenn die Frist bereits verstrichen ist“, sagt Julika Unger.
Hintergrund:
Die Krankenkassen begründeten die Festsetzung des Höchstbeitrags mit einer gesetzlichen Regelung aus dem Jahr 2016. Demnach konnte ein pauschaler Höchstbeitrag bei den Versicherten festgesetzt werden, die ihre Einkommensteuerbescheide nicht vor Ablauf von drei Jahren eingereicht hatten. Die Folge für viele Betroffene waren unverhältnismäßig hohe Nachzahlungsforderungen.
Der vzbv und die Verbraucherzentralen hatten bereits seit Jahren gefordert, dass auch nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist eingereichte Steuerunterlagen im Widerspruchsverfahren noch zu berücksichtigen sind. Der Gesetzgeber hat das Problem erkannt und mit einem Änderungsantrag zum Pflegestudiumstärkungsgesetz (PflStudStG) eine Neuregelung ins Gesetz aufgenommen, mit der die „Drei-Jahres-Regelung“ abgeschafft wird.
VZ-RLP
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