Vorgehen im Anhörungsverfahren
Sind Sie mit der beabsichtigten Rückstufung nicht einverstanden, teilen Sie dies der Pflegekasse mit und begründen Sie, warum Sie nicht einverstanden sind. Zwei Fragen sind beim Anhörungsverfahren wichtig:
- Ist eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten? Vergleichen Sie das erste Gutachten und das Wiederholungsgutachten. Geht aus dem Vergleich oder dem Bescheid eine wesentliche Veränderung hervor? Und ist die Veränderung im Gutachten richtig beschrieben worden? Ist das nicht der Fall, sollte dies in der Begründung ausgeführt werden.
- Ist die Punktebewertung des Medizinischen Dienstes zum Pflegegrad richtig? Im zweiten Schritt prüfen Sie, auf welcher Grundlage der Medizinische Dienst den Pflegegrad im Wiederholungsgutachten ermittelt hat. Entsprechen die Bewertungen nicht den Tatsachen? Dann sollten Sie diese auflisten und begründen, warum sie falsch sind.
Die Pflegekasse kann auf die Stellungnahme auf zwei Arten reagieren:
- Sie gewährt die Leistungen zunächst weiter und prüft die Pflegebedürftigkeit erneut.
- Sie erlässt nun den Aufhebungsbescheid.
Gut zu wissen: Sie können die Anhörungsfrist auch verstreichen lassen, ohne sich zu äußern. Auch dann wird die Pflegekasse nach Ablauf der Anhörungsfrist den Aufhebungsbescheid erlassen, gegen den Sie Widerspruch einlegen können.
Ich habe einen Aufhebungsbescheid bekommen – was bedeutet das?
Mit dem Aufhebungsbescheid teilt die Pflegekasse mit, dass sie die Leistungen einstellt oder reduziert. Sie schreibt beispielsweise
"Bei Ihnen wurde festgestellt, dass kein Pflegegrad mehr vorliegt. Wir heben daher unseren Bescheid vom 15.03.2020 auf. Zum 01.06.2024 stellen wir die Zahlung des Pflegegeldes ein."
Oder
"Bei Ihnen wurde festgestellt, dass nur noch der Pflegegrad 2 vorliegt. Wir heben daher unseren Bescheid vom 15.06.2021 auf. Wir zahlen ab dem 01.06.2024 nur noch ein Pflegegeld in Höhe des Pflegegrades 2."
Ich möchte Widerspruch einlegen – wie gehe ich vor?
Sind Sie mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht einverstanden, haben Sie ab dem Zugang des Bescheides 1 Monat Zeit, bei der Pflegekasse Widerspruch einzulegen. Fehlt im Bescheid ein Hinweis auf Ihr Widerspruchsrecht, beträgt die Frist 1 Jahr.
Den Widerspruch müssen Sie per Post oder als Fax an die Pflegekasse schicken. Die Verbraucherzentralen empfehlen den Postweg als Einschreiben mit Rückantwort. Wenn Sie den Widerspruch per Fax einlegen, sollten Sie den Sendenachweis ausdrucken und aufbewahren. Es reicht aus, wenn Sie zunächst schreiben:
"Mit Ihrer Entscheidung bin ich nicht einverstanden und lege hiermit Widerspruch ein. Die Begründung reiche ich nach."
Sie sollten auch dann Widerspruch einlegen, wenn Sie schon im Anhörungsverfahren Stellung genommen haben. Zur Begründung können Sie dann auf die Stellungnahme verweisen.
Im nächsten Schritt sollten Sie den Widerspruch begründen. Hierfür können Sie so vorgehen, wie unter "Vorgehen im Anhörungsverfahren" beschrieben. Im Anschluss wird ein Widerspruchsgutachten erstellt. Am Ende des Widerspruchsverfahrens bekommen Sie den Widerspruchsbescheid. Sollte der Antrag auch darin abgelehnt werden, können Sie vor dem Sozialgericht klagen.
Sonderfall Bestandschutz
Zum 1. Januar 2017 ist das Pflegesystem umgestellt worden: Aus vormals 3 Pflegestufen wurden 5 Pflegegrade. Für Menschen, die im Zuge der Umstellung von einer Pflegestufe in einen Pflegegrad übergeleitet wurden, gibt es eine Besonderheit: Sie haben Bestandschutz. Das bedeutet, dass nur eine Höherstufung, nicht aber eine Rückstufung möglich ist. Es gibt nur eine Ausnahme: Wenn durch ein neues Gutachten gar kein Pflegegrad mehr ermittelt wird, darf er reduziert werden.
Beispiele:
Herr B. wurde zum 1. Januar 2017 automatisch von Pflegestufe 2 in den Pflegegrad 3 übergeleitet. 2024 wird er erneut begutachtet. Dabei wird nur der Pflegegrad 2 festgestellt. Wegen des Bestandschutzes, ist die Reduzierung ausgeschlossen. Herr B. bekommt weiterhin Leistungen nach dem Pflegegrad 3.
Anders ist die Situation bei Frau A: Sie wurde von Pflegestufe 1 in den Pflegegrad 2 übergeleitet. Bei einer erneuten Begutachtung wird bei ihr kein Pflegegrad mehr festgestellt. Hier ist ausnahmsweise eine Rückstufung möglich. Die Gewährung der Pflegeleistungen kann eingestellt werden. Dies ist die oben erwähnte Ausnahme.
Tipp: Die Bestandschutz-Regelungen können sich insbesondere bei pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen, die von einer Pflegestufe in einen Pflegegrad übergeleitet wurden, finanziell stark auswirken. Für sie kann sich daraus ein lebenslanger Schutz der Pflegeleistungen ergeben.