Fukushima, Tschernobyl und die Folgen für Lebensmittel

Stand:
1986 explodierte der Reaktor in Tschernobyl. Die Folgen sind aber nicht nur dort, sondern auch hierzulande noch zu spüren. Einige Lebensmittel sind bis heute radioaktiv belastet.
Das Atomkraftwerk Tihange in Belgien.
Das Atomkraftwerk Tihange in Belgien. Seit Dezember 2016 läuft eine Sammelklage aus Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg gegen den Betreiber.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Waldböden und damit auch Pilze und Wildfleisch aus Süddeutschland können bis heute radioaktiv belastet sein. Es spricht aber nichts gegen einen gelegentlichen Verzehr. Pilze aus Osteuropa werden vor dem Verkauf geprüft.
  • Lebensmittelimporte aus einzelnen japanischen Präfekturen werden weiterhin auf Radioaktivität untersucht. Grenzwertüberschreitungen wurden in den letzten Jahren nicht festgestellt. Auch Konsumgüter aus Japan sind unproblematisch.
  • Geigerzähler, die Verbrauchern für den privaten Gebrauch angeboten werden, sind unnötig.
  • In Deutschland wurden am 15. April 2023 die letzten drei Atomkraftwerke zur Stromerzeugung abgeschaltet. Weitere AKW laufen jedoch in unseren Nachbarländern nahe der Grenze.
  • Auch die Brennelemente-Fabrik in Lingen, die ungeachtet des Atomausstiegs weiter betrieben wird, stellt weiterhin eine nicht einschätzbare Gefahr dar.
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Am 26. April 1986, gab es im Atomkraftwerk Tschernobyl eine Kernschmelze. Am 11. März 2011 passierte die ebenso gravierende Reaktorkatastrophe in Fukushima. Bei beiden Ereignissen wurden große Mengen an Radioaktivität freigesetzt. In Fukushima stand der Wind zum Glück so, dass die meisten radioaktiven Partikel auf das Meer geweht wurden. Der Fallout von Tschernobyl gelangte aber auch bis nach Deutschland.

Die Langzeitfolgen sind nicht nur dort, sondern auch hierzulande noch zu spüren. Einige Lebensmittel sind bis heute radioaktiv belastet. Die radioaktive Wolke, die im April und Mai 1986 über Europa zog, hat größere Teile Deutschlands radioaktiv kontaminiert. Besonders betroffen waren damals die Regionen Bayern, Südthüringen und Gebiete in Baden-Württemberg. Die Böden in vielen Regionen vor allem Süddeutschlands und einige Lebensmittel sind bis heute mit Cäsium 137 und in geringerem Umfang mit Strontium 90 belastet.

Ein Schild zeigt Radioaktivität an in Tschernobyl

Wie sieht es heute mit der Belastung der Lebensmittel aus?

Vor allem manche Wildpilzarten weisen bis jetzt noch gelegentlich eine stark erhöhte Radioaktivität auf.

Wildfleisch aus einigen Regionen Deutschlands kann noch erhöhte Radioaktivitätswerte aufweisen. Das gilt besonders für Wildschwein. Essen Sie daher vergleichsweise hoch belastete Lebensmittel wie (selbst gesammelte) Wildpilze und Wildschwein nur gelegentlich oder gar nicht.

Im Handel erhältliche Wildpilze, die bei uns vorwiegend aus Osteuropa importiert werden, werden gesondert auf Strahlung geprüft. Mancher Importeur hat sogar in teure Messtechnik investiert, um gut geprüfte Produkte anbieten zu können.

In landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Getreide ist die Konzentration an künstlichen Radionukliden inzwischen wieder auf Werte wie vor dem Reaktorunfall gefallen. Gründe dafür sind die andere Zusammensetzung von Ackerböden im Vergleich mit Waldböden und deren regelmäßige Bearbeitung durch die Landwirte.

Japanische Lebensmittel aus der Gegend um Fukushima wurden regelmäßig untersucht, wenn sie nach Europa importiert wurden. In den letzten Jahren wurden jedoch keine Grenzwertüberschreitungen mehr festgestellt. Konsumgüter aus Japan sind unkritisch, da die Rohstoffe dafür nicht in den betroffenen Gebieten abgebaut oder verarbeitet werden. Nur eine kleine Region des Landes ist nach wie vor stark verseucht.

Da ein Großteil der Radioaktivität auf das Meer geweht wurde, dürften viele Meerestiere radioaktiv belastet sein. Hier kann keine sichere Überwachung stattfinden, da Fische weite Strecken zurücklegen und auch in ganz anderen Teilen der Meere gefischt werden könnten, ohne dann geprüft zu werden.

Geigerzähler für den Heimbedarf sind Unsinn

Seit dem Reaktorunfall von Fukushima 2011 überlegen Verbraucher:innen, sich einen Geigerzähler für den Heimbedarf anzuschaffen. Die Investition von etwa 300 Euro pro Gerät ist jedoch unnötig. Um radioaktive Belastungen von Lebensmitteln zu messen, braucht es sehr sensible und aufwändige Messvorrichtungen, die diese Geigerzähler nicht besitzen. Außerdem brauchen Sie fundiertes Fachwissen, um die Messergebnisse zu bewerten. In der Regel haben Laien das nicht.

Radioaktivität wird auch weiter Thema sein

Das Thema Radioaktivität bleibt präsent. Zum einen, weil einige Regionen und manche Lebensmittel auch viele Jahre nach dem Unfall von Tschernobyl und Fukushima verstrahlt bleiben. Cäsium und Strontium haben eine Halbwertszeit von rund 30 Jahren. Die radioaktive Strahlung von Plutonium hat sich erst in rund 24.000 Jahren halbiert.

Zum anderen sind weltweit 416 Atomreaktoren in Betrieb, von denen eine potenzielle Gefahr ausgehen kann. Die Geschichte der Atomenergie zeigt, dass Unfälle mit radioaktiver Freisetzung nicht auszuschließen sind - sei es durch technisches oder menschliches Versagen oder durch Terroranschläge. Aktuell Sorge bereitet das größte europäische Atomkraftwerk in Saporischschja in der Ukraine, das seit Russlands Angriff im Kriegsgebiet liegt.

In Deutschland wurden am 15. April 2023 die drei letzten Kernkraftwerke abgeschaltet: Isar2 in Bayern, Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg und Emsland in Niedersachsen. Andere Staaten gehen andere Wege und halten an der Kernenergie fest. Finnland hat im April 2023 einen neuen Atomreaktor in Betrieb genommen.

Auch im unmittelbaren europäischen Ausland werden noch sehr alte Reaktoren betrieben. Beispiele sind Tihange und Doel in Belgien sowie Cattenom/Frankreich. In möglicherweise betroffenen Regionen gibt es daher Notfallpläne. Teilweise wurden auch schon vorsorglich Jodtabletten an die Bevölkerung ausgegeben, zum Beispiel in Aachen. Im Saarland werden Jodtabletten in den Landkreisen und der Landeshauptstadt gelagert, von wo aus sie im Notfall an zentrale Ausgabestellen gebracht werden.

Der deutsche Ausstieg aus der Atomenergie gilt nur für Reaktoren zur Stromerzeugung, nicht aber für solche zu Forschungszwecken. Gleiches gilt für Aufbereitungsanlagen wie die Urananreicherungsanlage in Gronau und die Brennelemente-Fabrik in Lingen. Auch der Transport von Atommüll stellt nach wie vor ein Risiko dar. Selbst in Japan sind trotz der verheerenden Katastrophe von Fukushima weiterhin neun Reaktoren am Netz.


Zum Weiterlesen:

Bundesamt für Strahlenschutz: Radioaktivität in Lebensmitteln

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel (Stand: 21.8.2019): Radioaktivität in Lebensmitteln

BfS: Radioaktive Belastung von Pilzen und Wildbret (Stand: 22.8.2022)

BfS: Infoblatt Wildpilze – Bedenkenloser Genuss? (Stand: 2.4.2019)

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