Illegal in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet: Sildenafil und Tadalafil

Stand:
Sildenafil und Tadalafil sind auch in niedrigen Dosierungen verschreibungspflichtige Arzneistoffe bei Erektionsschwäche. Sie finden sich häufig undeklariert - und teilweise gefährlich hoch dosiert - in angeblich natürlichen Potenzmitteln aus dem Internet.
Pillen Herz

Das Wichtigste in Kürze:
Achtung, kann der Gesundheit schaden

  • Angeblich ganz natürliche Potenzmittel im Internet angepriesen als Alternative zur "Pharmakeule". Tatsächlich enthalten viele von ihnen trotzdem Sildenafil oder Tadalafil - allerdings ohne den Wirkstoff zu nennen.
  • Diese Produkte können lebens­gefährliche Nebenwirkungen haben. Auch Augenerkrankungen werden beschrieben.
  • Aber auch die meisten in solchen Produkten verwendeten Pflanzenauszüge sind in der EU wegen fehlender Sicherheitsstudien nicht erlaubt.
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Angeblich natürliche Potenzmittel aus dem Internet

Als Nahrungs­ergänzungs­mittel (oder Supplements) bezeichnete Produkte zur Steigerung der Potenz werden überwiegend im Internet oder in Erotik-Shops, aber auch als Abonnements ("Pillen-Falle") unter verschiedenen Bezeichnungen vertrieben. Die Produkte sollen – so die Angaben der Anbieter – meist rein pflanzliche, natürliche Inhaltsstoffe oder Vitamine enthalten.

Analysen zeigen immer wieder, dass eine Reihe von Präparaten nicht angegebene verschreibungs­pflichtige Arznei­substanzen (Sildenafil, Tadalafil) bzw. nicht zugelassene ähnlich aufgebaute chemische Substanzen (z.B. Hydroxy­homosildenafil, Hydroxy­thiohomosil­denafil, Sulfoail­denafil, Desmethyl­carbodenafil) in pharmakologisch wirksamen Konzentrationen enthalten. Jeden Monat werden neue gefährliche Produkte entdeckt, leider aber von den Behörden nicht konsequent bekannt gemacht. Ein Blick in unsere Verbraucherwarnungen hilft möglicherweise, da wir auch im Ausland schauen.

Vor allem im Internet werden den Wirkstoffen Wirkungen zugesprochen, die wissenschaftlich nicht belegt sind. Dazu gehört die Steigerung der Libido oder eine Vergrößerung des Penis. Tatsächlich haben die beiden Substanzen bei gesunden Männern praktisch keine Wirkung.

Grundsätzlich sollten Sildenafil, Tadalafil und Co. wegen erheblicher Risiken und Nebenwirkungen nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden.

Wegen der potentiellen Gefährlichkeit hat der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin­produkte 2023 erneut entschieden, dass selbst geringe Dosierungen Sildenafil (25 mg) und Tadalafil (10 mg) weiterhin verschreibungspflichtig bleiben sollen. Die Deutsche Gesellschaft für Urologie  und der Berufsverband der Deutschen Urologie hatten davor gewarnt, den Wirkstoff rezeptfrei verfügbar zu machen, da Erektionsprobleme Frühwarnsymptome für dahinterliegende Krankheiten sein können, die bei einem Arztbesuch auffallen würden.

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Bei Einnahme von Arznei­mitteln dieser Wirkstoff­gruppe (die alle einen sogenannten Phosphodiesterase 5- Inhibitor  = PDE5-Hemmer enthalten) können selbst bei gegebener Indikation (z.B. Erektionsstörungen) und bestimmungs­gemäßem Gebrauch in seltenen Fällen schwere unerwünschte Wirkungen (z.B. Schlaganfall, Herzinfarkt) auftreten. Das gilt natürlich ganz besonders, wenn sie ohne Wissen des Anwenders, in völlig unkontrollierter Dosierung und ohne ärztliche Kontrolle eingenommen werden.

Häufige Neben­wirkungen sind Kopf­schmerzen, Gesichtsrötung, Verdauungs­störungen, Schwindel, Sehstörungen und Schwerhörigkeit.

Es gibt Wechselwirkungen der PDE5-Hemmer mit Nitrat haltigen Medikament (z. B. Nitroglycerin), die Kombination beider Wirkstoffe kann potenziell einen lebens­bedrohlichen Blutdruck­abfall verursachen. Das betrifft vor allem Menschen mit Diabetes, Bluthochdruck, hohem Cholesterinspiegel oder Herzerkrankungen.

Personen mit Herzproblemen sind einem erhöhten Risiko von Herz-Kreislauf-Nebenwirkungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Brustschmerzen, Bluthochdruck ausgesetzt. Andere Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Gesichtsrötung, Verdauungs­störungen, Schwindel, Sehstörungen und Schwerhörigkeit.

Seltenere Nebenwirkungen könnten bei regelmäßiger Verwendung Augenerkrankungen wie seröse Netzhautablösung (SRD), retinale Gefäßverschlüsse (RVO) und ischämische Optikusneuropathie (ION) sein.

Tipp: Wer Erektions­störungen hat, sollte vertrauensvoll das ärztliche Gespräch suchen und keinesfalls angeblich natürliche Potenzmittel im Internet bestellen. Im schlimmsten Fall besteht Lebensgefahr.

Pflanzenauszüge in Potenzmitteln

Grundsätzlich bedeutet aber auch "rein pflanzlich" nicht, dass ein Produkt harmlos ist. Viele der in diesen Nahrungsergänzungsmitteln enthaltenen Pflanzenstoffe, oft asiatischen Ursprungs, sind wegen fehlender Sicherheitsnachweise in der EU nicht erlaubt, z.B. Mucuna pruriens (Juckbohne), Tongkat Ali (Eurycoma longifolia) oder Epimedium (Elfenblume). Die Yohimbe-Wurzel (Pausinystalia yohimbe) und Extrakte daraus sind wegen Gesundheitsgefahr sogar explizit per Gesetz verboten. Auch auf die Verwendung des "Testosteronbooster" Tribulus (Erdsternchen) sollte man – so das Bundesinstitut für Risikobewertung – wegen wissenschaftlicher Unsicherheiten und fehlender eindeutiger Studien zur Sicherheit besser verzichten.

Darüber hinaus werden die Aminosäuren Asparaginsäure und Arginin gerne als potenzsteigernd beworben, wissenschaftliche Belege dafür fehlen jedoch.

Insbesondere Pflanzenstoffe, aber auch Vitamine oder Mineralstoffe, können Wechselwirkungen mit Medikamenten haben, die akut oder wegen chronischer Erkrankungen genommen werden.

Was sind Sildenafil und Tadalafil?

Sildenafil und Tadalafil sind Arznei­wirkstoffe aus der Gruppe der PDE-5-Hemmer, einer Gruppe gefäßerweiternder Substanzen. Sie werden zur Behandlung von Erektions­störungen (erektile Dysfunktion) beim Mann eingesetzt. Bekanntester Markenname für Sildenafil ist Viagra, für Tadalafil ist es Cialis.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind diese Arzneimittel verschreibungspflichtig. Ein Kauf in Online-Apotheken ohne Vorlage eines Rezeptes ist gesundheitlich höchst bedenklich. Seriöse Versandapotheken finden Sie hier.

 

Weitere Informationen:

Schlank und potent aus dem Internet?

Das Landeszentrum Gesundheit NRW veröffentlicht unregelmäßig Namen von gepanschten Nahrungsergänzungsmitteln zur Potenzsteigerung.

 

Quellen:


Europäisches Schnellwarnsystem RASFF (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

BfR (2013): Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen. 2. ergänzte Auflage (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

BfR-Presseinformation 15/2012 vom 04.04.2012: Schlank und potent - mit Nebenwirkungen (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

EMA: Viagra/sildenafil, Stand: 22.05.2024 (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

EMA: Cialis/tadalafil, Stand: 01.12.2023 (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen: Aktuelles zu Arzneimitteln (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

FDA: Medication Health Fraud for Specific Diseases and Conditions - Sexual Enhancement Medication Health Fraud, Stand: 09.08.2023  (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

Kraus D: Was Patienten wissen müssen - PDE-5-Hemmer können auch ins Auge gehen. Springer medizin online vom 20.04.2022 (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG, Protokoll der 87. Sitzung am 11.07.2023 (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

Sildenafil bleibt verschreibungs­pflichtig. Ärzte Zeitung online, 11.07.2023 (zuletzt abgerufen am 11.07.2024)

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